Auswahl der Schutzpatrone siebenbürgischer Zünfte (I)

Dorin-Ioan Rus inMarisia (Ethnografie), Târgu Mures, Band 26, 2000, S 163-169

Zusammenfassung

Die Zunft bildete eine religiöse Lebensgemeinschaft. Ihre wirkungen sind in sittlich-religiöser Beziehung fast ebensogroß und tiefgehend gewesen, als auf gewerblichem Gebiete. Allein die vielen Wachsbussen, womit die meisten der kleineren Vergehen belegt wurden, die mannigfachen Wachsangaben, die bei verschiedenen Gelegenheiten zu leisten waren, zeigen uns, daß Beziehungen der Zünfte zur Kirche nicht nur vereinzelt vorkamen. Viele Zünfte hatten in der Kirche ihren eigenen Altar, auf welchem an den Festtagen gelegentlich der Messe, besonders aber am Tage des Schutzpatrons, die Kerzenabgebrannt wurden, und von welchen aus die Messe gesungen wurde.

In der Kapelle verpflichtet sich die Bruderschaft, die Altäre ihrer  Schutzheiligen nach ihrem Vermögen mit aller Sorgfalt zu besorgen, vor denselben eine Öllampe zu halten und alle Quatember eine Messe lesen zu lassen. Jeder Geselle ist verpflichtet, zu Opfer zu gehen und dieses aufzulegen. Wird aber einer dabei befunden, daß er, trotzdem er die für das Auflegen gebräuchliche Formel hersagt, die Auflage selbst unterlässt, so büsst er dieses  Vergehen mit einem halben Pfund Wachs.  An den Fronleichsnamprozession hat sich jeder von Anfang bis zu Ende zu beteiligen und hat dabei in der Hand eine brennende Kerze und auf dem Kopfe einen grünen Kranz zu tragen.

Bezeugt ist uns in der Urkunde der Zunftregelung (1376) als Schutzpatron der Kürschner der Heilige Michael, im Zunftbrief der Schneider (1485) der Heilige Ladislaus, in jenem der Goldschmiede (1494) Eligius, und endlich bei den Tischler-, Maler- und Fenstermacherzunft (1514) der Heilige Luka. Desgleichen haben die Schmiede einen Altar, doch ist in ihrem Zunftbrief (1514) der Name des Heiligen, dem dieser geweiht ist, nicht angeführt.

Der Besuch des Gottesdienstes ist geboten: die einzelnen Zünfte besassen ihre eigenen, nach ihren benannten  und von den anderen Zünften gesonderten Kirchenstühle, wo die einzelnen Meister unter strenger Beobachtung ihrer Rangordnung zu sitzen hatten. Die Gesellen und Lehrlinge hatten ihre eingenen Gestühle und sassen auch strenge nach ihrem Rang geordnet. Von jeder Zunft wurde der jüngste Meister mit der Wartung des Altars, dem Anzünden der Kerzen und der Beobachtung der Kirchenordnung betraut.

Einzelne Zunftbriefe enthalten genaue Bestimmungen, bei welchen Gelegenheiten die Messen zu lesen sind. Außerdem müssen sie noch alle Quatember eine Seelenmesse singen lassen.

Die Schneider (1485)  lassen am Tage ihres Schutzpatrons eine Messe singen, verbieten aber merkwürdigen Weise ihren Gesellen, bei Verlust des Wochenlohnes, diesen Tag zu feiern.

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